Es ist möglich, die Klimawirkung des Luftverkehrs bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit um mindestens 80 Prozent zu reduzieren. Seit vier Jahren arbeiteten 20 Forschungsinstitute an Entwürfen emissionsarmer Verkehrsflugzeuge. Die Ergebnisse des Projekts „EXACT“ (Exploration of Electric Aircraft Concepts and Technologies) präsentierte das Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) diese Woche vor 170 Teilnehmenden aus Industrie und Forschung am DLR-Standort in Hamburg-Finkenwerder.
Björn Nagel, Direktor des Hamburger DLR-Instituts für Systemarchitekturen in der Luftfahrt, stellt als Ergebnis fest: „Bei der Erforschung ökologischer Flugzeugkonzepte zeigt sich, dass die Auswirkung der Luftfahrt auf das Klima um mindestens 80 Prozent reduziert werden kann und die Kosten dabei nicht steigen.“ Nagel weiter; „Im Projekt Exact haben wir nun sehr umfänglich die aussichtsreichsten Flugzeugkonzepte und Technologien analysiert und bewertet.“
Sowohl der vollständige Lebenszyklus der Flugzeuge als auch der Prozess der Gewinnung, des Transports und der Bereitstellung regenerativer Treibstoffe wurde umfassend in der Analyse der Klimaverträglichkeit neuer Flugzeugkonfigurationen berücksichtigt. So konnten die Forscher die Flugzeugkonfigurationen mit dem ökologisch und ökonomisch größten Potenzial finden.
Als vielversprechendste, emissionsarme und wirtschaftliche Flugzeugkonzepte für die Kurz- und Mittelstrecke für 250 Passagiere haben sich drei herauskristallisiert:
Batterie-Hybrid-Antrieb überraschend gut
Was auf den ersten Blick überraschte, ist die Tatsache, dass das batterieelektrische Hybrid-Konzept am besten abgeschnitten hat. Aufgrund der hohen Masse der Batterien und der eher geringen Reichweiten, galt der Betrieb mit Batterien bislang eher als geeignet für kleinere Flugzeuge bei dem Einsatz auf der Kurzstrecke. „Tatsächlich ermöglicht die Plug-in-Hybrid-Architektur aber, dass auch größere, marktrelevante Flugzeuge damit angetrieben werden können“, sagt Daniel Silberhorn Leiter des Exact-Projekts. Eine nachhaltige Produktion mit sehr hohen Recyclingrate sowie eine lange Lebensdauer der Batterien sind danach zentrale ökologische Randbedingungen. Geringe Produktionskosten und eine schnelle Ladefähigkeit gewährleisten die Wirtschaftlichkeit des Flugzeugs. Batterieelektrisch betrieben könnte so ein Flugzeug 500 Kilometer zurücklegen, hybrid-elektrisch zusätzlich mit nachhaltigen Treibstoffen sogar bis zu 2800 Kilometer, meint Silberhorn.
Kurzstrecken-Turboprop-Flugzeug
Die Technologie für Turboprop-Flugzeuge befindet sich bereits seit vielen Jahren in der praktischen Anwendung, allerdings vornehmlich im regionalen Einsatz. Bei einer geringeren Reisegeschwindigkeit verbraucht das Flugzeug signifikant weniger Treibstoff. Damit ist diese Option nicht nur ökologisch vorteilhaft, sondern lohnt sich für Airlines trotzdem auch aus wirtschaftlicher Sicht. Mit fossilen Treibstoffen betrieben, verringert sich die Wirkung auf das Klima im Vergleich zum Jettriebwerk bereits um mehr als 40 Prozent, beim Einsatz von nachhaltigen Treibstoffen würde sich die Auswirkung auf das Klima noch weiter reduzieren. Das betrachtete Flugzeug hat eine Reichweite von 2800 Kilometern.
Wirtschaftlichkeit des Wasserstoff-Antriebs
Wasserstoff-betriebene Flugzeuge können die Klimaauswirkungen um mindestens 80 Prozent reduzieren, ergab des Excat-Projekt. Ob sie allerdings auch wirtschaftlich attraktiv sind, hängt nach Meinung der Experten wesentlich von den Produktionskosten für Wasserstoff und synthetisches Kerosin ab. Brennstoffzellen zur Unterstützung auf dem Rollfeld, im Sinkflug oder der Bordsysteme hätten eine deutliche Emissionsminderung bis 1500 Kilometer Reichweite zur Folge.
Simulation von der Energiegewinnung bis zum Recycling
Für das Exact-Projekt hat das DLR ein Simulationsframework entwickelt. Es ermöglicht anhand einer Vielzahl von Parametern – von der Energieproduktion, der Flugzeugkonstruktion bis hin zur Klimawirkung und der Gesamtbewertung des Lufttransportsystems – Berechnungen zu erstellen. Damit hat das Projekt detailliert gezeigt, wie neue klimaverträgliche Flugzeuge aussehen können. Zu jeder möglichen Antriebstechnologie gibt es so auch Informationen wie entsprechende Komponenten oder Leichtbaustrukturen beschaffen sein müssen. Dies hilft wiederum bei der Produktvorentwicklung und der Planung der Produktion.
„Seit Anfang des Projekts haben wir schrittweise vielfältige Technologieoptionen miteinander verglichen und sind so zu den drei Favoriten gekommen“, sagt Daniel Silberhorn. In einem Folgeprojekt geht es darum, technische Details, wie die genauen aerodynamischen Eigenschaften der Flugzeuge oder das exakte Gewicht eines Wasserstofftanks detaillierter zu definieren. Zusammen mit Flugzeugbauern, Zulieferern und Forschungseinrichtungen soll der Designprozesses eines möglichen neuen Flugzeugs stetig angepasst werden. „Aus unserer Forschung resultieren Virtuelle Produkte, in denen das Zusammenwirken verschiedener Technologien abgebildet ist. In der Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen möchten wir das Potenzial und die Randbedingungen für den Transfer in das nächste reale Produkt konkretisieren, sagt Björn Nagel. (aum)
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