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Toyota singt das hohe Lied des Wasserstoffs

Das hohe Lied des Wasserstoffs singen außer Umweltministerin Svenja Schulze inzwischen immer mehr Politiker. Dass der flüchtige Energieträger auch als umweltfreundlicher Treibstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge geeignet ist, wurde längst bewiesen. Doch es fehlen die Autos. Neben Hyundai hat nur Toyota ein solches Fahrzeug im Angebot. Um die Brennstoffzellen-Limousine mit politischem Rückenwind aufzuladen, startete der japanische Hersteller jetzt eine Deutschland-Tournee.

Die Technik ist alles andere als neu: Wie eine Brennstoffzelle funktionieren kann, wurde schon 1838 entdeckt, doch es dauerte bis 1959 bis der erste Prototyp eines größeren brennstoffzellen-betriebenen Fahrzeuges vorgestellt wurde. Mercedes versuchte sich später in A- und B-Klasse an so einem Projekt, verwarf es aber wieder. Toyota war 2014 soweit, die erste Generation des Modells Mirai vorzustellen. Zu dem Zeitpunkt fuhr die deutsche Bundesmarine schon seit neun Jahren U-Boote mit Brennstoffzellen-Antrieb. Aktuell bietet in Deutschland nur noch Hyundai mit dem Nexo ein Wasserstoff-Serienfahrzeug an.

Galt die erste Mirai-Generation noch als Design-Unfall, ist das aktuelle Modell zu einer veritablen, fast fünf Meter langen Limousine gereift, die eine dynamisch lange Schnauze mit einem zeitgemäß abfallenden Coupédach kombiniert. Zwar treibt auch ihn ein Elektromotor vorwärts, doch im Gegensatz zu den meisten batterie-betriebenen Limousinen und SUV ist seine Tankzeit nicht nach Stunden, sondern nach Minuten zu bemessen.

Mit 700 bar drückt der komprimierte Wasserstoff in die drei Vorratsbehälter des Fahrzeugs, laut Toyota sind 5,6 Kilogramm in fünf Minuten getankt. Das hat der Mirai mit Erdgasautos gemein, auch dort wird der Treibstoff in Kilogramm abgerechnet. Dass „zwei Pfund“ Wasserstoff derzeit rund 9,50 Euro kosten, scheint nicht das größte Problem, vielmehr die Tatsache, dass es im Bundesgebiet erst rund 100 Tankstellen dafür gibt.

Eine Neue soll demnächst weit draußen im Nordosten der Republik entstehen, in der Uckermark. Der brandenburgische Landkreis, der größer ist als das Saarland und dessen sanfte Hügel einige hundert Windkraftanlagen zieren, ist Heimat der Enertrag AG. Der Firmensitz schien Toyota ein geeigneter Schauplatz für den Auftakt seiner Mirai-Tour. Das 1993 gegründete Unternehmen ist in verschiedenen Bereichen der alternativen Energiewirtschaft tätig, erzeugt und speichert mittels Windkraft erzeugte Energie in Wasserstoff. „Kein anderes Medium hat eine so hohe Energiedichte“, preist Vorstandvorsitzender Jörg Müller das mit dem chemischen Zeichen H2 gekennzeichnete Gas. Es gilt ein Heizwert von 33,3 kWh je Kilogramm, während Benzin nur auf 11,4 Kilowattstunden pro Kilo kommt.

Das von Gegnern der Solar- und Windstrom-Erzeugung immer wieder gern ins Feld geführte Argument von Flauten und bedecktem Himmel hält Müller für nicht stichhaltig. Die in Wasserstoff gespeicherte Energie aus Überschusszeiten per Brennstoffzellen wieder in Strom zu verwandeln, sei eine leichte Übung. Und auch Transportprobleme gebe es genau genommen gar nicht, Wasserstoff sei „eher ungefährlicher“ als das hautsächlich aus Methan bestehende Erdgas. Notfalls ließe sich sogar eine Pipeline wie Nordstream 2 mit Wasserstoff befüllen. „Ein Rohr in der Erde liegen zu haben, ist nie verkehrt“, witzelt der Unternehmer und gelernte Kernphysiker.

Über den jetzt aufkommenden Wasserstoff-Hype ist er natürlich nicht unfroh, jedoch sei durch den wechselhaften Kurs der Politik um alternative Energie-Erzeugung „viel Zeit und Geld vertan“ worden. „Wir haben jetzt die Bremse gelöst“, sagte Ministerin Schulze kürzlich in einem Interview und damit die H2-Wirtschaft tatsächlich auch in Gang komme, „müssen wir von staatlicher Seite her organisieren, dass einfach mehr Wasserstoff produziert wird“.

In der Zulassungsstatistik der Marke Toyota rangiert der Mirai noch unter „Sonstige“. Genau ein Dutzend Anmeldungen registrierte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) in dieser Sparte im vergangenen Jahr. Mit dem sozialverträglichen Design des neuen Modells dürften die Chancen für Kundeninteresse deutlich besser stehen. Wer ihn zu einer Probefahrt ausführen darf, erlebt einen komfortabel und bequem gestalteten Innenraum, schmeichelndes Oberklasse-Ambiente und ein ordentliches Temperament, das angesichts von nur 134 kW (182 PS) in einem rund 1,9 Tonnen schweren Wagen zu überraschen vermag. Doch da die 300 Newtonmeter Drehmoment des Permanentmagnet-Synchron-Elektromotors schon ab der ersten Rotation anliegen, enthüllte die kurze Testrunde in der Beziehung keine Schwächen. Lediglich die Beinfreiheit für die Fond-Passagiere erscheint verglichen mit dem üppigen Radstand von fast drei Metern etwas knapp ausgefallen. Ein Grund: Zwischen Rücksitzlehnen und Kofferraum sind zwei der drei Wasserstoff-Tanks platziert.

Mit einem Startpreis von 63.900 Euro ist der Mirai noch ein kostspieliges Unterfangen. „Die Brennstoffzelle wird billiger werden“, ist sich Jörg Müller sicher und auch der Kilopreis von Wasserstoff werde mit der erzeugten Menge sinken. Immerhin: Wenn die H2-Limousine tatsächlich auf den von Toyota prognostizierten Verbrauch von 0,79 Kilogramm je 100 Kilometer käme, lägen die Kraftstoffkosten je Kilometer bei etwa 7,5 Cent. Während der Testfahrt zeigte der Bordcomputer einen hochgerechneten Verbrauch von 1,18 kg/100 km.

Nicht nur für die Brennstoffzelle des Mirai, sondern auch für alle anderen E-Fahrzeuge braucht es grünen Strom. 3900 Windräder im Land Brandenburg erzeugten vergangenes Jahr knapp 7500 Megawatt Energie. Für Unabhängigkeit von fossilen Trägern ist das nicht genug: „Zwei Prozent der Gesamtfläche werden wir schon brauchen“, sagt Jörg Müller im Hinblick auf den Platzbedarf für weitere Turbinen. Legt man die Fläche der Bundesrepublik Deutschland zugrunde, wären das etwa 7000 Quadratkilometer – oder zweimal der Landkreis Uckermark. (ampnet/afb)

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Toyota Mirai.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Axel F. Busse

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